Beweisführung der Rechtsauffassung

dass das Streben nach Gerechtigkeit mit dem Bestreben, dies über völkerrechtliche Normen einzufordern, der richtigere und gerechtere Weg ist.

Meiner Rechtsauffassung, dass Art. 39 der Kinderrechtskonvention so umzusetzen ist, dass den Opfern ein Rechtsweg für Genugtuung, Genesung der Würde, Entschädigung für das Leid und Folgeschadenausgleich offen steht, verteidige ich hiermit wie folgt:

Das StrRehaG, das OEG und das SGB als Rechtswege und der Hilfsfonds als erste "Nothilfemaßnahme" reichen nicht aus, Minderjährige Opfer von Menschenrechtsverbrechen, die in deutschen Institutionen erlitten wurden, in jenen Genuss der Genesung der Würde zu bringen, der in Art. 39 der Kinderrechtskonvention den Opfern garantiert steht. Die Kinderrechtskonvention gilt für jedes Opfer!!! Auch für Opfer, die vor Ratifizierung der Kinderrechtskonvention solchen Verbrechen erlagen!

Folglich, und das sagt der Menschenrechtsgerichtshof zum Fall Luise O´Keeffe 35810/09 in seinem Urteil treffend, sind die Staaten verpflichtet, Maßnahmen für die Genugtuung der Opfer bereit zu stellen. Hier spricht die Kinderrechtskonvention eine eindeutige Sprache. Nämlich davon "ALLE" Maßnahmen zu ergreifen!

Dass diese Kinderrechtskonvention innerstaatlich so auch umzusetzen ist, beschreibt UN-Resolution 60/147 (Grundprinzipien und Leitlinien betreffend das Recht der Opfer von groben Verletzungen der internationalen Menschenrechtsnormen und schweren Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht auf Rechtsschutz und Wiedergutmachung).

Demnach gehört zu allen Maßnahmen eine erste Nothilfe, Mechanismen zur Entschädigung und Folgeschadenausgleich und Genugtuung. Mag die Nothilfe privatrechtlicher Natur dem Anspruch noch Genüge tragen, kommen die restlichen Mechanismen nicht umhin, sich auf gesetzliche Grundlage zu stellen, es folglich eines Minderjährigen- Opferentschädigungsgesetzes bedarf, um alle Formen der Verbrechen abzudecken, damit der Norm der Kinderrechtskonvention und der Internationalen Pakte entsprochen wird.

Diese Rechtsauffassung möchte ich untermauern. Hierfür beziehe ich mich auf Texte der Völkerrechtlerin Nora Matthiesen aus ihrem Werk „Wiedergutmachung für Opfer internationaler bewaffneter Konflikte“ [Die Rechtsposition des Individuums bei Verletzung des humanitären Völkerrechts] herausgegeben unter der Reihe „Völkerrecht und internationale Beziehungen Band 5“ vom LIT Verlag Dr. W. Hopf, Berlin 2012.

Ist die Resolution 60/147 für unsere Opfergruppe überhaupt bindend und welche Normen daraus entfalten Rechte für die Opfer?

Ja, sie ist bindend und zwar im Zusammenhang mit Art. 39 der Kinderrechtskonvention. Frau Matthiesen erklärte hierzu auf Seite 144,

„Wiedergutmachungsansprüche des Individuum gegenüber einem Staat werden hinsichtlich bestimmter Rechtsverletzungen wie der unrechtmäßigen Freiheitsberaubung völkerrechtlich anerkannt. Verschiedene Menschenrechtsverträge legen den Vertragsstaaten die Pflicht auf, hier Schadenersatz zu leisten. Eine darüber hinausgehende Regelung enthält Art. 63 Abs. 1 AMRK, Art. 41 EMRK und Art. 27 Abs. 1 ACtHPR-Protokoll und Art. 45 StACtJHR-Protokoll, die die jeweiligen Kontrollorgane ermächtigen, bei Verletzung von Konventionsrechten die rechtsverletzenden Staaten zu Wiedergutmachungsmaßnahmen zu verpflichten.“

Ein gleichwertiges Verbrechen der ungerechtfertigten Freiheitsberaubung ist sexueller Missbrauch und wirtschaftliche Ausbeutung durch Zwangsarbeit sowie Körperliche oder seelische Misshandlung.

Weiter erklärt Frau Matthiesen auf Seite 139,

„Ein solches Recht auf Zugang zu entsprechenden Rechtsschutz solle neben dem Recht von Einzelpersonen auf Zugang zu Rechtsschutz existieren.“

Hier sprach Frau Matthiesen im Kontext zu Opfergruppen, dass denen neben den Einzelpersonen gleicher Rechtsschutz zusteht.

Weiter erklärt Frau Matthiesen auf Seite 143,

„In Prinzip Nr. 26 wird erklärt, dass die in den Grundprinzipien und Leitlinien angeführten Bestimmungen nicht etwaigen anderen speziellen Regeln des Völkerrechts entgegenstehen, ebenso wenig wie der Wiedergutmachung aller Menschenrechtsverletzungen und Verletzungen des humanitären Völkerrechts. Diesem Prinzip kann die Erkenntnis entnommen werden, dass auch Verletzungen von Rechten, die nicht „gross“ oder „serious“ Ausmaßes sind, wiedergutzumachen sind.“

Damit ist also geregelt, dass der Gesetzgeber den Opfern ein Rechtsweg auf Wiedergutmachung zur Verfügung stellen muss. Er ist dazu verpflichtet, diesen so zu gestalten, dass die Normen der Kinderrechtskonvention insbesondere des Art. 39 hierfür eingehalten werden müssen. Wir reden hier demnach über ein dem Kinde spezifischen Gesetzes, dass eben nicht nur in Bruchteilen in Gesetzen Wiederkehr finden darf, die für erwachsene Opfer erlassen wurden. Somit sind die Gesetze des OEG, des StrRehaG und des SGB unzureichend. Zudem wird aus den Vorverhandlungen zur Erstellung der Resolution 60/147 deutlich, dass auch keine Verjährung auf Wiedergutmachung einwirkt, weil die Staaten über zwei Jahre darüber stritten, dass dann die Verbrechen der Kolonialzeiten in Rechnung gestellt werden könnten. Folglich steht einem noch so alten Opfer das Recht auf solcherlei Rechtsweg zur Wiedergutmachung, zur Genesung der Würde, zur Entschädigung des Leides, zum Ausgleich der Folgeschäden, zur gesellschaftlichen Wiedereingliederung zu.

Mit diesem Wissen, werden wir jetzt an den Bundestag herantreten und jeden Bundestagsabgeordneten auffordern, diese Normen aus Resolution 60/147 und Art. 39 der Kinderrechtskonvention umzusetzen.

Ich kann jeden Zweifler nur anraten, sich mit den Inhalten des Buches von Frau Matthiesen vertraut zu machen.

Damit ist bewiesen, dass der Weg über das Völkerrecht auf den Gesetzgeber einzuwirken, der effektivere, der richtigere und gerechtere Weg ist, weil Gerechtigkeit nur da herrscht, wo Gerechtigkeit im Gleichheitsgebot getragen wird. Alles Andere ist keine Gerechtigkeit. Daher sollte sich die allgemeine Opfergruppe auch weiterhin solidarisch zueinander diesem Kampf widmen!

Resolution 60/147 : http://www.un.org/depts/german/gv-60/band1/ar60147.pdf